Ingmar Volkmann
Sektenführer, aufgemerkt: Wer derzeit das Konzept einer Weltuntergangsgemeinschaft mit akzeptablem Shareholder-Value anbietet, dürfte sich über stabilen Zulauf freuen. Heilsversprechen sind dabei von Vorteil, ein paar Lösungsansätze kämen außerdem gelegen, denn: Die Gegenwart ist zwar schon trostlos, im Gegensatz zum Herbst aber ein Spaziergang, sind sich Apokalyptiker sicher.
Manchmal lenkt der Blick in die Vergangenheit ab von einer trostlosen Gegenwart oder der Angst vor der Zukunft. Untergangs-Experten werten derzeit dagegen verzweifelt aus, was schlimmer ist: gestern, heute oder morgen. Heute bezahlen wir für eine verfehlte Energie- und Klimapolitik von gestern, weshalb wir auch morgen wieder in einer kaputtgesparten Bahn schwitzen werden, weil der vorausfahrende Zug Verspätung hat.
Angesichts der aktuell hohen Corona-Fallzahlen freut man sich schon jetzt auf den nächsten Pandemie-Winter ohne Plan. Gesundheitsminister Lauterbach hat die Entwicklung eines jeden Talkshow-Popstars mitgemacht, der auf dem Weg von der Opposition in die Regierung gezähmt wurde: Gestartet als Tiger, gelandet als vierfach geimpfter Bettvorleger.
Von Musik begleiteter Eskapismus hilft gegen Trübsal. Sehr beruhigend sind zum Beispiel die Techno-Sets von von Dominik Eulberg, in denen Vogelstimmen eine Rolle spielen. Ein Gespräch mit ihm ist dagegen auch nicht sehr motivierend. Den Klimawandel erachtet der studierte Biologe und Fledermaus-Botschafter nicht als größte Gefahr für die Menschheit. Ein paar von uns könnten mit Sicherheit am Nordpol überleben, sagt Eulberg. Vorteil: Ein Iglu ist auch ohne gedrosseltes Gas aus Russland schon erfrischend kalt.
Eulberg hat dagegen Angst vor dem Artensterben. Deshalb verbindet er seine Techno-Sets im Club gerne mit einem Plädoyer für Artenvielfalt. Nach seinen Auftritten bittet er Clubgänger im Morgengrauen auf Vogelstimmenwanderung. „Wenn man weiß, wie der Bass scheppern muss, erreicht man das Publikum ganz anders“, sagt Eulberg.
Seine Kernbotschaft: „Wenn das Ökosystem zusammenbricht, können wir uns nicht von Steinen ernähren.“ Der World Wide Fund For Nature (WWF) warnt: „Wir befinden uns heute im größten Artensterben seit dem Ende der Dinosaurierzeit vor 65 Millionen Jahren. Ein Viertel der Säugetierarten, jede achte Vogelart sowie 40 Prozent der Amphibienarten sind bedroht.“
Nach dem Gesetz der Serie, wonach die schlechten Nachrichten seit Ausbruch der Corona-Pandemie im Wochentakt vermeldet werden, würde es nicht verwundern, wenn demnächst ein kleiner Meteorit am Abendhimmel erscheinen würde – auf direktem Kollisionskurs mit der Erde. Wenigstens hätten wir dann ein adäquates Logo für unsere Weltuntergangssekte.