Katja Bauer
Schon seit Wochen lässt die Polizei in Sachsen bei den Coronaprotesten vieles zu, wogegen sie einschreiten müsste. Ein Fackelaufmarsch vor dem Privathaus einer Ministerin in SA-Manier gehört ebenso dazu wie die fälschlicherweise als „Spaziergänge“ bezeichneten Spontanversammlungen. Diese Versammlungen waren nach der Corona-Notverordnung verboten.
Trotzdem gab die Polizei in letzter Konsequenz oft genug klein bei, ließ die teils militanten Aufzüge am Ende laufen. Um eine Versammlung aufzulösen, muss man genügend Kräfte haben, der Einsatz muss verhältnismäßig sein. Die Botschaft, dass sich am Ende verbotene Aktionen durchsetzen, die teils von militanten Extremisten orchestriert werden, ist an sich schon kein gutes Zeichen für die Demokratie.
Ein Skandal aber ereignete sich am Donnerstag in Dresden, wo die Proteste am Krankenhaus eine Gegenkundgebung erwartete: Die Polizei kesselte Medizinstudenten ein, die sich friedlich zu einer Menschenkette zusammenschlossen, um ihr Klinikum zu schützen. Formal mögen die Polizisten korrekt gehandelt haben. Aber in der Gemengelage demonstrativ gegen die Gruppe vorzugehen, die friedlich die Mehrheitsmeinung vertritt, ist ein fatales Zeichen. Der Fall hat das Zeug, den lang umstrittenen Innenminister zu kippen. Ministerpräsident Michael Kretschmer jedenfalls hat sich öffentlich an die Seite der Studenten gestellt.